Carcel- oder Uhrwerkslampe

Von der Idee besessen, die Flamme auf den höchsten Punkt einer Lampe zu bringen, damit diese keinen Schatten wirft, war das Ziel vieler Erfinder. Der Pariser Uhrmacher Bertrand Guillaume Carcel (1750-1812) nahm sich die Pumplampe des Abtes von Perigney, der diese bereits um 1748 erfand, zum Vorbild. Er konstruierte eine Lampe bei der das Öl nicht mehr von Hand zum Brenner gepumpt werden musste, sondern baute ein Federwerk auf dem Prinzip des Uhrwerkes und trieb damit eine Pumpe an. Dies war eine Pumpe mit zwei Kolben. Kurze Zeit später baute er eine Einzylinder-Glaskolbenpumpe mit einem Durchmesser von 6,7 mm, die auf beiden Seiten wirkte. Über Ventile und durch dünne Leitungen drückte die Pumpe das Pflanzenöl in den Argandbrenner. Der Brenner war mit einer innenliegenden Gewindestange zur Dochtverstellung versehen.

Die Pumpe lieferte reichlich Öl, so dass die Flamme immer gleichmäßig brannte. Das überschüssige Öl, das von der Flamme nicht verzehrt werden konnte, lief in den Ölbehälter der Lampe zurück und stand dem Kreislauf erneut zur Verfügung. Da der Docht keine Saugleistung mehr hatte, sondern vom Öl überspült wurde, setzte die Flamme kaum noch Reizstoffe frei. Durch diesen Umstand wurde die Atmosphäre im Raum wesentlich angenehmer. Auch der Docht verkokte nicht mehr so schnell. Durch drängen seines Nachbarn, dem Apotheker und Lampenölhändler Louis Careau, wurde das Patent angemeldet und am 24.10.1800 auf Carcel und Careau erteilt. Die neuartige Lampe kam mit dem Namen Lychnomena, was soviel wie festes oder beständiges Licht bedeutet, auf den Markt. Der Name konnte sich jedoch gegen den des Erfinders nicht durchsetzen und so hieß es immer, die Lampe von Carcel.

Erstmals stand der äußeren Formgebung einer Lampe nichts mehr im Wege. Denkt man an diejenigen die aus feinem Porzellan vasenförmig hergestellt wurden, oder an die amphorenartigen die mit eleganten Bronzearmaturen versehen waren. Der Phantasie waren nun keine Grenzen gesetzt. Die häufigste Form der Lampen war wohl die zylindrische, mit etwas vergrößertem Fuß zur Aufnahme des Federwerkes und um deren Standsicherheit zu erhöhen. Die äußeren Gehäuseteile waren meist in Messing gearbeitet und mit verschiedenen Mustern oder Motiven verziert. Um den Lichtschein optimal nutzen zu können stellte man die Lampen oft auf Dreifuß- oder Mittelfußständer. Die Blendwirkung der Flamme hob man mit einer Milchglas- oder Mattglaskugel, die auf der Brennergalerie der Lampe ruhte, auf.

Durch die ständig gleichmäßig brennende Flamme wurde diese Lampe auch zu Lichtversuchen eingesetzt. Bec Carcel war die erste genormte Lichteinheit. Diese hatte in Deutschland Gültigkeit bis 1884 und wurde dann von der Einheit (HK) Hefenerkerze abgelöst. In Frankreich bestand die Einheit Bec Carcel noch bis etwa 1910.

Durch den hohen Kraftaufwand, der zum bewegen des Kolbens in der Pumpe notwendig war, war das Federwerk ständig überlastet und sehr oft beschädigt. Carcel änderte einiges an seiner Lampe, doch wegen des hohen Preises und den ständigen Reparaturen an Federwerk und Pumpe setzte sich diese, besonders in der Zeit der französischen Revolution, nicht durch. Für seine Erfindung opferte er sein ganzes Vermögen und starb fast mittellos im Jahr 1812. Von dieser Zeit an leitete seine Witwe die Lampenfabrik, die noch im Jahr 1910 in der Rue de L’Abre. Sec. N°. 18 bestand und von Carcel-Ignat geführt wurde.

Doch seine Idee lebte weiter und wurde von vielen nach dem Ablauf des Patentes 1816 weitergeführt. »Verbessert« wurde die Lampe unter anderem von Gagneau, Nikod und Careau. Careau änderte die Lampe in dem er die Pumpe mit vier Kolben (später mit 4 Membranen) bestückte. Ab 1817 baute Gagneau zwei Seidenbälge in seine Pumpe ein, die er über ein Nockenrad, ähnlich wie man es vom Schlagwerk einer Uhr her kennt, drückte. Die wesentlichste Verbesserung jedoch erreichte Penot. Er konstruierte eine neuartige Pumpe und zwar eine Membranpumpe mit drei Kammern, auch Priesterpumpe genannt.

Diese Pumpe ist nur in Gotten-Lampen zu finden, als Membrane benutzte er Goldschlägerhaut. Dies ist die gegerbte Haut vom Dickdarm eines Rindes, bzw. dessen Blinddarm. Durch das neue System ist die Pumpe gegenüber ihrer Vorgänger wesentlich leichtgängiger. Das Federwerk wurde lange nicht mehr so stark belastet, auch war das Abdichten des Pumpenkörpers wesentlich einfacher. Mit der Änderung der Pumpe auf zwei Kammern (durch Rimbert 1826) erhielt die Lampe ihre endgültige Konstruktion und wurde bis etwa 1900 gebaut.

Die Uhrwerkslampe blieb jedoch die konstruktionsreichste und teuerste aller Lampen und war somit einer privilegierten Schicht vorbehalten. Selbst heute gilt die Lampe in einer Sammlung als sehr große Rarität.

  • Bild 1: Schnittzeichnung der ersten Pumpe mit Federwerk. Patent vom 24.10.1800 (für Carcel und Careau)
  • Bild 2: Nachfolgemodell, mit Blick auf Antriebs- Führungsgestänge und Grundplatte des Ölbehälters. Diese Pumpe wurde von der Fa. Carcel bis etwa 1910 unverändert gebaut und auch in der Etalon-Lampe für Lichtmessungen verwendet. Neben den Membranpumpen zählt diese Pumpe zu den leichtgängigsten aller Pumpen die in Federwerksgetriebenen Öllampe ihre Anwendung fanden.
  • Bild 3: Argandbrenner der ersten Carcellampe. Ansicht auf die Brennerrohre: Die Ein-buchtung dient zur Aufnahme der Gewindestange (Dochtverstellung)
  • Bild 4: Brenner, Dochtschlüsselrad sowie Aufnahme im Lampentrichter

Zerlegte Pumpe

  1. Steigleitung mit oberem Pumpendeckel
  2. Antriebsgestänge
  3. Glaskolben mit Führungsgestänge
  4. Pumpenkörper mit Sitz der Druckventil
  5. Grundplatte mit Sitz der Saugventile
  6. Schutzsieb
  7. 5 Befestigungsschrauben
  8. 4 Ventile
  9. 2 Drahtsicherungen
  10. obere und untere Lederdichtung

Außer der äußeren Formgebung wurde die Carcellampe nur wenig verändert. In den ersten Lampen wurden Federwerke mit runden liegenden Platinen, also ein horizontal liegendes Federwerk verwendet. Da man dieses Werk nur im Fuß der Lampe zusammenbauen konnte, oder es bei einer Reinigung bzw. einer Reparatur der Pumpe dort zerlegen musste, wurde es oft beschädigt.

Aus diesem Grund wurde das Federwerk, um 1820, zu einem horizontal stehenden Blockwerk geändert. Dieses Werk konnte nun mit dem Herausdrehen von zwei Schrauben und der Entnahme eines Keilstiftes komplett aus dem Fuß der Lampe entnommen werden und war so vor einer Beschädigung weitgehend geschützt.

Wenn wir heute von einer Öllampe mit Pumpe und Federwerk sprechen, sagen wir im allgemeinen Carcellampe, oder Uhrwerkslampe. Diese Begriffe waren auch zu der Zeit gebräuchlich, als man diese Lampen noch als Lichtquelle benötigte und somit können wir generell nicht sagen es ist falsch. Der Name Lychnomena wie ihn Carcel für seine Lampe verwendete ist dagegen gänzlich unbekannt.

Korrekt ist es jedoch, wenn man von einer Carcellampe spricht, die Lampe zu benennen die auch von der Fa. Carcel gebaut wurde. Die Bezeichnung für alle anderen Lampen dieser Art müssen wir als federwerksgetriebene Öllampen bezeichnen. Wenn auch Carcel vermutlich ein geändertes Uhrwerk als Antrieb für seine erste Lampe verwendete, so ist ein Uhrwerk ein Werk mit welchem man eine Zeitmessung anstrebt und nicht nur eine Kraft erzeugt. Niemand käme auf die Idee ein Spielzeugauto als Uhrwerksauto zu bezeichnen, obwohl es auch einen Federwerksgetriebenen Antrieb hat, ähnlich wie die vorgenannten Lampen. So ist also der Name federwerksgetriebene Öllampe mit der Bezeichnung des Herstellers Korrekt.

Allerdings finden wir nicht auf allen Lampen den Hersteller, somit bleibt uns nur die Aussage federwerksgetriebene Öllampe mit der Angabe der Pumpenart. Da die meist gebaute Pumpe die von Rimbert ist, benutzen wir also diesen Namen zusätzlich. Also federwerksgetriebene Öllampe mit Rimbert-Pumpe. Es gibt aber noch andere Pumpenkonstruktionen deren Hersteller unbekannt sind und nun kommt unsere korrekte Bezeichnung für diese Lampe ins wanken.

Ich bin also der Meinung, wenn ein Bericht über eine solche Lampe geschrieben wird sollte man möglichst den korrekten Namen benutzen. Im allgemeinen, so glaube ich, wird wohl der Name Carcellampe auch für all die Lampen benutzt werden die mit einem Federwerk angetrieben werden. Ein Kenner der Lampe wird dann wohl die Frage stellen wer die Lampe gebaut hat und welche Pumpe sie beinhaltet. Somit brauchen wir uns um unseren allgemeinen Sprachschatz keine großen Gedanken zu machen und weiterhin Carcellampe sagen.