Der konische Rundbrenner mit flachem Docht

Bis zur Einführung des amerikanischen Petroleums 1858/59 kann die französische Lampenindustrie mit Recht von sich behaupten, dass sie die Vorreiter in dieser Branche war. Der Argand-Brenner wurde in Frankreich erfunden. Auch die zur Perfektion gebrachten Öllampen, wie Carcel und Moderateur, waren die besten Lampen auf dem Weltmarkt. Diese Industrie wollte der Staat nun schützen und belegte das eingeführte Petroleum mit hohen Zöllen. Die geringen Mengen Rohöl, welche in Lothringen gefördert wurden, spielten hierbei keine große Rolle. Durch diesen Umstand hielt die Lampen-Industrie es nicht für notwendig mit diesem neuen Brennstoff zu forschen und zu experimentieren.

Deutschland

In Deutschland war die Situation eine andere. Carcellampen wurden keine gebaut und Moderateurlampen nur nach französischem Vorbild. Hier wurde der neue Brennstoff begrüßt und man erforschte eifrig seine Eigenschaften. Der Argandbrenner wurde bereits um 1840 für die neuen Kohlenwasserstoffe, die sogenannten Steinöle, zum Anbinde-Rundbrenner weiterentwickelt. Die Kohlenwasserstoffe, zu denen auch das Petroleum gehört, verbrauchen wesentlich mehr Sauerstoff bei der Verbrennung als die pflanzlichen Öle.

In Berlin, wo sich 1855 die beiden Herren Wild und Wessel zusammenschlossen und die Moderateur-Lampenfabrik Wild und Wessel gründeten, wurde in dieser Richtung fleißig gearbeitet. Bis auf den Flachbrenner, den man von Amerika übernahm, waren die Brenner bis dahin aufwändig, schwierig in ihrer Handhabung, oft sogar ungeeignet. Die Dochte waren schwer einzubauen, auch hatten sie keine große Ausnutzung, da diese im Brenner nicht endlos transportiert werden konnten. Der Flachbrenner verfügte über jene Vorteile. Jedoch seine Lichtausbeute war geringer als die der Rundbrenner und seine Flamme neigte häufig zum Zerspringen des Zugglases. Im September 1864 entwickelte die Firma Wild & Wessel den konischen Rundbrenner mit flachem Docht. Dieser Brenner vereint nun die Vorteile des Flachbrenners mit dem Argand-Brenner. Er ist in seiner Leuchtkraft stark, sein Docht wird endlos transportiert und seine Bedienung ist einfach.

Die Nähmaschine als Begründung zur Patentablehnung

Für den konischen Rundbrenner mit flachem Docht wurde im Frühjahr 1865 ein Patent ersucht. In England und in Frankreich wurde dieses sofort erteilt. Die Berliner Patentbehörde jedoch prüfte es und lehnte es ab. Ihre Begründung: Beim Saumlegen in der Nähmaschine wird ein ähnlicher Vor-gang hergestellt wie in diesem Brenner. Dies sei eine Nachahmung eines Vorganges und ist somit nicht patentwürdig. Der Brenner konnte also in Deutschland auch von anderen Firmen nachgebaut werden. Durch diese Patentablehnung entstand der Fa. W & W ein großer wirtschaftlicher Schaden (2).

In der ersten Konstruktion des konischen Brenners, der in 10''' (Linie), später auch in 12''' und 14''' hergestellt wurde, baute man als Antrieb für den Docht eine breite, mit Zähnen versehene Walze ein. Diese ist in ihrer Mitte freigedreht, so dass der Docht auf zwei nebeneinander liegenden Zahnrädern transportiert wird. Mit der Zeit bemerkte man bei W&W, dass diese Walze die Petroleumzufuhr auf dieser Stelle einschränkte. Auch der Docht wird nicht gleichmäßig transportiert und die Flamme brennt hierdurch ungleich in ihrer Höhe. Daraufhin baute man, vermutlich Ende 1869, zwei schmale gegenüberliegende Zahnräder ein. Diese transportieren den Docht nun gleichmäßiger. (1)

Aber eine Entwicklung bleibt nicht stehen. Durch Versuche stellte man bald fest dass durch eine Zwillingswalze ein optimaler Transport des Dochtes gewährleistet ist. Nun baute man zwei mittig angeordnete Zahnradwalzen ein. Diese Walzen liegen sich gegenüber und greifen wie in einem Getriebe ineinander. Die beiden Walzen werden über das Dochtschlüsselrad betätigt. Sie greifen den Docht nun an vier Stellen und transportieren ihn gleichmäßig. Auch wird der Petroleum-Zufluss durch diese Walzen kaum eingeschränkt da sie schmäler sind. Die Flamme brennt bei diesem Brenner nun gleichmäßig in ihrer Höhe. Diese Konstruktion wurde, vermutlich Zeitgleich mit dem Kosmos-Brenner, Anfang 1870 als Kosmos-Normal-Brenner auf den Markt gebracht.

Bei der Fa. W & W waren um 1868/69 zwischen 300 und 400 Beschäftigte eingestellt. Diese produzierten wöchentlich ca. 8.000 Flach- und 12.000 Rundbrenner, 1/3 davon kam komplett mit Lampen in den Handel. Im Jahr 1868 lieferte W & W allein 50.000 Lampen nach Paris (1).

1870 erlangte der konische Rundbrenner mit flachem Docht im Kosmos-Brenner seine volle Entwicklung. Obwohl dieser Brenner mit dem gleichen Dochteinzug versehen ist wie der Kosmos-Normalbrenner erhielt W & W für diesen Brenner auch in Deutschland ein Patent. Dieses wurde am 10 Mai 1870 ersucht.

Der Kosmos Brenner wurde zu aber Millionen, auch von anderen Firmen im In- und Ausland, hergestellt. Er ist der erfolgreichste Brenner der für Petroleumlampen je gebaut wurde. Der Brenner eroberte die ganze Welt und Deutschland wurde in der Lampenindustrie Weltweit führend. Noch heute werden neue Petroleumlampen mit diesem Brenner hergestellt und im Handel vertrieben.

Anmerkungen zu Ausstellungen

Wie sehr W & W bemüht war, ihre Leistungen auf dem Markt zu präsentieren und in den Handel zu bringen, zeigen die vielen Ausstellungen an denen sie sich beteiligten. Während ihrer Firmengeschichte erhielten sie, bei Ausstellungen im In- und Ausland, 11 Preismedaillen. Überschwänglich beschreiben sie in ihrer Firmendokumentation besonders die Weltausstellung 1867 in Paris. Im Nachhinein wurde zu dieser Ausstellung eine Prägung kreiert, welche auf ihren Brennerrädern erschien und ihren Stolz auf jene Ausstellung verdeutlichte (2).


Quellen

(1) »Westermans Jahrbuch« Ausgabe Oktober 1869 bis März 1870
(2) »W & W 50 Jahre in der Lampenindustrie«